Elli, die Schwarzfahrerin

Elli und GeschwisterSchon als Elli mit ihren beiden Geschwistern aus freier Wildbahn aufgenommen worden war, wurde schnell klar: Elli hat Selbstbewusstsein. Etwas größer und kräftiger als ihre Geschwister, ließ sie die beiden nach ihrer Pfote tanzen und brachte ihnen bei, wie man schnell durch jeden Türspalt kommt und wie man sich überhaupt in einem Katzenleben durchzusetzen hat. Weil sie dazu noch besonders schön war, fand sie als Erste ein gutes Zuhause bei Frau T. und deren Tochter. Dort wurde sie geliebt, gegen alle Regeln der Katzenkunst verwöhnt und es wurde einmal mehr deutlich, was Tierfreunde längst wissen: Hunde haben Herrchen, Katzen haben Bedienstete!

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Obwohl sie die ganze Wohnung beherrschen durfte, ging die Entdeckerfreude mit ihr durch. In einem unbewachten Augenblick entschlüpfte sie bei Nacht und Nebel aus der Wohnung. Erst am nächsten Morgen, als man den fröhlichen Wecker vermisste, wurde das Ausmaß des Geschehenen deutlich. Für Ellis Frauchen begann ein Martyrium.

Sie suchten Tag und Nacht, veröffentlichten ihre Vermisstenanzeige in weitem Umfeld und taten alles, was man von einem Katzenbesitzer in solch einer Lage erwarten darf. Man stellte nachts Futter vor’s Fenster, sah auch, dass Elli kam und fraß, doch wenn man sie holen wollte, verschwand sie. Das war schon rätselhaft. Die Ursache ihres Verhaltens stellte sich bald heraus. Elli hatte einen schweren Schock. Sie war unter die Motorhaube eines Autos gekrochen, war so im Auto mitgefahren und erst nach dieser Spritztour befreite man sie aus ihrem überaus gefährlichen Schlafplatz. Leider ließ sie der Fahrer unbedacht laufen. So blieb sie über weitere 4 Wochen verschwunden. Was war in der Zwischenzeit geschehen?

Elli mußte mit großem fachlichen Aufwand aus dem Auto befreit werden. Eine junge Frau beobachtete diese Befreiungsaktion und die Ratlosigkeit des Autobesitzers. Sie ließ es nicht zu, dass die Katze einfach irgendwo zurückbleiben sollte. Sie brachte sie zuerst zu einem Tierarzt und nahm sie dann mit nach Hause, wo bereits ein junges Katerchen lebte. Alle freuten sich über das Gelingen der Aktion. Nur Elli nicht. Ein Kater, dem sie sich womöglich unterordnen sollte, kam für sie nicht in Frage. Das machte sie allen Beteiligten unmissverständlich klar. Nun war erneut guter Rat teuer. Aber es gab da noch eine Freundin, die sich schon immer mal ein Kätzchen zulegen wollte. Wieder hatte Elli Glück, wieder setzte sie sich durch und wollte Mittelpunkt dieser neuen Familie sein. Für Elli gut, aber für die Leute nicht leicht, denn da war noch ein Baby, das vor Ellis Temperament geschützt werden mußte.

Elli war erneut als blinder Passagier gefahren, wieder im unteren Teil des Autos, wieder ohne Schaden zu nehmen. Das ist für sich genommen ein kleines Wunder, denn viele Katzen haben auf diese Weise schon ein fürchterliches Ende gefunden. Elli muß einen Schutzengel haben. Auch danach sah es so aus.

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Solche Tierfreunde muß man mit der Lupe suchen. Sie hatten im Interesse des Tieres gehandelt, die Tierarztrechnung bezahlt, das Kätzchen ernährt und mit viel zeitlichem Aufwand und Sorgen Verantwortung übernommen. Sie erhoben keine Ansprüche, als sie Ellis Besitzerinnen nach ca 4 Wochen doch noch ausfindig machen konnten. Das Fahndungsblatt von Elli hatte nicht umsonst wochenlang an Bäumen und Lichtmasten gehangen. Sie gaben Elli mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück.

Elli fremdelte am ersten Tag etwas in ihrem wiedergefundenen Heim. Aber als sie sich vor dem Schrank niederließ, in dem immer ihre Leckerchen deponiert waren, und sie ihre Leute mit ihren großen Augen und dem unschuldigen Blick erwartungsvoll ansah, da war klar, Elli war wieder zu Hause angekommen. Seither gehört dieser Tag zu den schönsten von Frau T. und ihrer Tochter.